9. November 2010

Tagebuch Eintrag 3 – emotionale Achterbahnfahrt bei ersten Fußballspiel.

Ich wurde früher wach als sonst, denn heute war der Tag des ersten Spiels bei dem
ich erleben sollte, wie DIE ERSTE bei einem Heimspiel gegen die Mannschaft des BV09 Hamm die Niederlage der letzten Woche wieder gut machen sollte. Kein Ahnung wieso, aber
ich war sogar irgendwie nervös. Vielleicht kommt dieses Gefühl aber auch daher, dass ich eigentlich niemand an dem Platz kenne. Wer wird da sein? Kommen auch Zuschauer?
Die Situation, alleine dort am Staket zu stehen, wird erst mal unangenehm sein.

Angekommen am Platz war genau das nicht der Fall. Die 2. Mannschaft des VfK Nordbögges spielte schon. Die ersten Spieler der Ersten, der Betreuer und Trainer waren auch schon da.
Sie kamen direkt auf mich zu, gaben mir einen festen Händedruck und lächelten mich an: „Na alter, alles gut?“ .. Schon komisch: Ich hatte nach schon nach einer Minute das Gute Gefühl, Teil dieser Gruppe zu sein, die sich doch  untereinander schon so lange kennt.

Vor dem Gang zur Kabine und auch dort war es eine wirklich gelöste und sehr angenehme Stimmung. Diskussionen über den laufenden Bundesliga Spieltag, ein paar Sprüche während des Umziehens…alle scheinen sich hier wohl zu fühlen. Klasse, denn das war es was ich erwartete. Zu dem noch ein kleines und herzliches Ständchen für den kahlköpfigen
Betreuer, der an diesem Tag 50 wurde. Die Spieler schenkten ihm eine schöne Kollage mit Bildern von ihm und den Jungs.
Unglaublich, aber anscheinend eine Art Aberglaube, die Jungs zogen sich nicht nur das Trikot an, nein, fast jeder zog eine Unterhose mit dem altbekannten Emblem von Superman an. Bei dem einen oder anderen kam es mir vor, als geht es hier mehr um eine Modeschau als um ein Männerspiel. „Wohlfühlen ist alles man.“ sagte mir einer als er meinen fragenden Blick sah.

Nach einer langen Aufwärmphase begann nun endlich das Spiel. Die Begrüßung der Mannschaften am Spielfeld-Mittelpunkt viel von Seiten meiner Jungs sehr laut aus. Ein erstes Zeichen an den Gegner?
Sagte ich gerade meiner Jungs? Nicht zu glauben. Das ist wieder typisch für dieses faszinierende Spiel. Sobald man sich für eine Mannschaft, für ein Verein, für ein Spieler entschieden hat, fühlt man sich mit ihm verbunden. Warum nur?

Das Spiel fing schwach an, zu mindestens auf Seiten der Blauweißen. Blau Weiß ist die Trikot- und natürlich auch die Vereinsfarbe des VfK. Man kam zwar zu dem ein oder anderen Weitschuss, aber auch nicht mehr. Die Gegner waren immer schneller am Ball, hatten diesen auch mehr in Ihren Reihen.. und dann kam es zum ersten Gegentor. Ich hoffte die ERSTE würde jetzt mal motivierter zu Werke gehen. Aber…
Die Reaktion der Ersten war absehbar. Hängende Köpfe, kaum Spannung im Körper, erste Meckereien…sieht nach ganz normalen Fußball Alltag aus. Und auch nach dem Tor änderte sich nichts am Spielverlauf. Ich hatte das Gefühl, das Team hätte den Gegner, der aus der unteren Tabellenende kommt, gewaltig unterschätzt.
Der Trainer sah das wohl ähnlich, denn in der Halbzeitansprache war er ein wenig lauter als
in der Ansprache vor dem Spiel. Er hielt sich aber nicht lange mit Kritik auf, er versuchte
eher die Spieler positiv wach zu rütteln und sie aufzubauen. Ein Gefühl in mir sagte aber,
dass es nicht funktioniert, denn die Gesichter der Spieler und auch die Körper sprachen eine andere Sprache.
Mein Gefühl gab mir mal wieder unrecht. Nach ca. 10 Minuten fingen die Jungs auf einmal an zu laufen, die Bälle lautstark zu fordern, in die Zweikämpfe zu gehen, das Spiel des Gegners zu zerstören. Und so kam man nun zu den ersten guten Chancen.
Es wurde lauter, auch draußen bei den Anhängern beider Seiten. Harte Worte fielen da, gerade der Gegner hatte anscheinend keine gute Meinung über die Mütter unserer Spieler. Was Sie genau sagten, vermag ich nicht mal in mein Tagebuch zu schreiben.
Und dann passierte es.
Der linke Flügelspieler, man nennt ihn hier die weiße Feder, das muss damit zu tun haben, dass er braun ist wie ´ne Bäckermütze, fasste sich ein Herz, umdribbelte zwei der Gegenspieler am Sechszehner-Eck und brachte mit einem Kunstschuss das Leder ins Netz. Schöne Butze..so würde man hier wohl sagen.
Die Freude war groß, die Spieler fielen sich in die Arme. Es gab Lob für den Torschützen. Zufriedene Gesichter bei den Zuschauern, es gab sogar eine Gruppe, die jetzt mit herzlichen Fangesängen begann. Leicht übertrieben, aber ein wenig Heiterkeit kann ja nicht schaden.
Die Erste spielte weiter nach vorne. Der rechte Verteidiger rückte bei einer Ecke mit auf, eroberte den per Kopf geklärten Ball und hämmerte das Ding mit ganzer Wucht Richtung Tor. Die Zuschauer rissen die Arme hoch, die Gegner verstummten….Bammm… Latte…. Aaaaahh´s und Ooooohh´s kamen von den Zuschauern… den Abpraller schnappte sich der neue, eingewechselte 10er und beförderte abermals das Leder in Richtung Tor..der Torwart verlängerte den Ball…er tickte Richtung Tor…und ging…jaaaa… an den Pfosten. Unglaublich. Fassungslosigkeit bei allen. Das ist wie ein Stechen im Herz. Warum wollte dieser scheiß Ball nicht ins Netz? Die Jungs hätten es jetzt verdient.
Und jetzt kam das, was ich auch aus den besten Ligen der Welt kenne. Das was an jedem Spieltag in der Bundesliga passiert. Machst Du das Tor nicht, macht es der andere. Durch einen langen Ball kamen die Hammensa glücklich zu der 2:1 Führung. Die Nordbögger hatten nur noch 5 Minuten Zeit den Ausgleich zu erzielen, doch leider gelang das nicht. 
So ein riesen Scheiß. So drehte sich die Stimmung in 90 Minuten komplett.
Niemand sprach mehr miteinander, jeder war enttäuscht, sauer auf sich selbst, sauer auf
die Mitspieler. Viele, darunter auch der ein oder andere Zuschauer harderten von Ihren Emotionen getrieben mit dem Schiedsrichter, der einen Vorteil nicht liefen lies, als einer der Stürmer alleine auf das Tor lief. Und auch ich musste mich in Zurückhaltung üben.
Dieses verdammte Gefühl der Niederlage bestätigte mir wieder einmal die Mystik dieses Spiels. Ich kenne hier keinen, ich bin hier nicht aufgewachsen, ich habe keinerlei Beziehungen zu diesem Verein - doch trotzdem musste ich diese Achterbahn der Gefühle
mit erleben. Entscheidest du dich hinter einer Mannschaft zu stehen, dann bindet dieses Spiel dein Herz daran. Warum verdammt?

Ich hoffe, die Jungs bekommen das in der nächsten Woche besser hin.
Wir werden ja sehen.

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